Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.
3. Buch Moses Kapitel 19, Vers 33
Liebe Leserinnen, liebe Leser!Meine erste Reaktion, als ich den Monatsspruch für den kommenden Monat gelesen habe, war Überraschung. Überraschung darüber, wie aktuell die Bibel immer wieder ist. Aber auch Überraschung darüber, wie alt das Problem, das wir heute mit dem Stichwort „Migration“ bezeichnen, zu sein scheint.
Schon die Menschen im alten Israel hatten offensichtlich Schwierigkeiten damit „Fremden“ gegenüber sich so zu verhalten, wie Gott es von ihnen erwartet hat. Gott erinnert die Israeliten daran, dass auch sie „Fremde“ waren in Ägypten.
Auch ich gebe gerne zu, dass die Begegnung mit Fremdem oder Fremden eine Herausforderung für mich ist. Dies gilt durchaus in ganz unterschiedlichem Ausmaß, je nachdem in welchem Kontext diese Begegnung stattfindet. Und dann kommen diese Gedanken an die Aufforderung aus der Bibel, sei es dieser Monatsspruch oder die Aufforderung zur Nächstenliebe.
Aber wie kann das aussehen? Ich kann mir nicht vorstellen, jeden Fremden zu mir nach Hause einzuladen. Ich möchte mich auch nicht für jeden Migranten verantwortlich fühlen. Aber ich denke, dass es gut wäre, wenn auch ich meine Skepsis Fremden(m) gegenüber nicht nur in Frage stellen sondern auch (ein bisschen) durchbrechen könnte und nicht in gewohnte Reflexe verfalle. Es würde vielleicht schon helfen, wenn ich Fremdes an mich heranlassen würde, der Begegnung nicht ausweichen und offen sein würde für neue Erfahrungen.
Ich selbst habe diese Erfahrung nie gemacht, Fremder zu sein. Aber ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Eltern mir erzählt haben, wie sie als Flüchtling in Schleswig-Holstein angekommen sind und nicht willkommen geheißen wurden. Und das obwohl sie die gleiche Sprache gesprochen haben und auch Deutsche waren. Dieses Gefühl nicht willkommen zu sein, war eine schreckliche Erfahrung für sie.
Auch wenn wir uns nicht vorstellen können, dass es auch uns passieren kann, plötzlich in der Rolle des Fremden zu sein, sollten wir uns immer wieder vor Augen führen, wie wir uns fühlen würden.
Auch Jesus sagt in Matthäus 25 Vers 35: Ich war ein Fremder bei euch und ihr habt mich aufgenommen.
Das ist noch keine Lösung für die vielen Fragen rund um das Thema Migration, das uns in Deutschland gegenwärtig bewegt. Und ja, man muss nicht alle und alles umarmen. Aber Gott zeigt uns hier einen Weg für einen gerechten Umgang mit den Fremden, die unter uns sind.
Matthias Heidebrecht